Sportmedizinischer Check und individuelle Leistungsdiagnostik – Wann und für wen ist was sinnvoll?

 

Leistungssportler wissen: ein medizinischer Check-up ist wichtig, um den Körper bestmöglich auf die ausgeübte Sportart vorzubereiten. Auch für Hobbysportler werden sportmedizinische Check-Ups zunehmend angeboten und in Anspruch genommen. Sportmediziner empfehlen zudem, sich vor der Aufnahme neuer sportlicher Aktivitäten einem Gesundheitscheck zu unterziehen. Außerdem kann der sportmedizinische Check mit einer individuellen Leistungsdiagnostik kombiniert werden. Doch für wen ist ein Check-up bzw. welcher leistungsdiagnostische Test sinnvoll und was wird dabei überprüft?

 

Der sportmedizinische Check

Beim sportmedizinischen Check erstellt der Arzt ein genaues Bild von der Fitness des Probanden, checkt Herz, Kreislauf und Bewegungsapparat. Eine sportmedizinische Untersuchung analysiert außerdem die körperliche Leistungsfähigkeit des Patienten und untersucht, ob mögliche Risikofaktoren vorliegen. Wichtig beim erstmaligen sportmedizinischen Check ist die gesundheitliche Vorgeschichte, u.a. Operationen, Unfälle und Vorerkrankungen, woraus sich erste Rückschlüsse bezüglich einer sportlichen Eignung ziehen lassen. Die familiäre Vorgeschichte gibt Aufschluss über mögliche Erbkrankheiten oder familiär bestehende Risiken. Weitere Fragen betreffen das bisherige Training, um Schwachstellen und mögliche Überbelastungen festzustellen. Darüber hinaus werden Fragen zur Ernährung gestellt und das alltägliche Leben betreffend gestellt – Job, Hobbys, Stressbelastung oder Rauchverhalten tragen zur Sporttauglichkeit entscheidend bei. Die körperliche Untersuchung mit Blutdruckmessung und nach orthopädischen und kardiologischen Gesichtspunkten gehört unbedingt dazu. Ein Elektrokardiogramm (EKG) im Ruhezustand dient der Bewertung der Herzfunktion. Bei bestimmten Patientengruppen wird ein Belastungs-EKG empfohlen, u.a. bei bekannter Herzerkrankung und ab einem Alter von 65 Jahren. Sinnvoll kann es darüber hinaus bei Männern und Frauen ab 45 Jahren sein, die sich intensiv belasten wollen. Blutuntersuchungen und Laktatdiagnostik erweitern ggf. die Diagnostik (siehe Abschnitt Leistungsdiagnostik). Bei Jugendlichen können angeborene und bisher unbemerkte Gesundheitsprobleme vorliegen, z.B. bislang unentdeckte Herzrhythmusstörungen. Bei älteren Menschen kann es im Laufe der Jahre zum Beispiel durch Rauchen oder eingeschränkte Bewegung zu krankhaften Veränderungen am Herz-Kreislauf-System gekommen sein.Zum abschließenden Ergebnis gehören individuelle Empfehlungen zu Training, Sport und Bewegung (z.B. auch ideale Trainings-Herzfrequenz).

 

Allgemeinmedizinisch-körperliche Untersuchung Größe, Gewicht, Bauchumfang, Blutdruck
Lungenfunktionstest Wichtig bei Ausdauersportarten ist die Lungenfunktion. Ist diese eingeschränkt, stößt der Körper schnell an seine Grenzen und ein gesundes Training ist nicht möglich. Aber auch der Trainings- und Leistungszustand einer gesunden Lunge kann so ermittelt werden. Gemessen wird dabei die Luftmenge, die maximal ein- und ausgeatmet werden kann, sowie die Geschwindigkeit der Atemzüge.
Ruhe-EKG Einsatz zur Diagnostik vor allem bei Durchblutungsstörungen, Rhythmusstörungen oder Herzentzündungen.
Orthopädische Untersuchung und Muskelfunktionstests Hier werden Muskeldysbalancen, Verkürzungen und zu schwache Muskulatur aufgespürt, um das Training entsprechend auszulegen. Gelenke und Wirbelsäule werden bezüglich Fehlstellungen und Abnutzungserscheinungen untersucht.
Internistische Untersuchung Messen des Blutdrucks, Ruhe-EKG, Abklopfen und Abhören gehören zu diesem Teil der Untersuchung.
Belastungs-EKG alternativ Leistungsdiagnostik Die sportmedizinische Untersuchung beinhaltet als wesentlichen Teil einen Belastungstest. Dieser findet meist auf einem Fahrradergometer statt. Dabei werden, während der Patient verschiedene Belastungsintervalle fährt, Herzfrequenz, Erholungsherzfrequenz und das Blutdruckverhalten analysiert. Durch die Messung der Laktatwerte (Leistungsdiagnostik) bei steigender Belastungsintensität können Stoffwechselvorgänge zudem genau beurteilt werden.
Laboruntersuchung fakultativ nach Rücksprache
Sporteignungsuntersuchungen Sporteignungsuntersuchung (z.B. Sportstudium), Lizenzuntersuchung, sportmedizinische Vorsorgeuntersuchung, Kaderuntersuchung, Atteste zur Teilnahme an Wettkämpfen, Atteste Marathonlauf, Tauchuntersuchung, Segel-/Sportbootführerschein, Sportmedizinische Vorsorgeuntersuchung

 

Für wen und wann ist die sportmedizinische Untersuchung ratsam?

Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) empfiehlt die sportärztliche Untersuchung vor Trainingsbeginn bzw. Einstieg in eine intensivere Sportart für Personen, die über 35 Jahre alt sind und länger keinen Sport betrieben haben oder auf die ein oder mehrere Risikofaktoren, u.a. Rauchen, Bewegungsmangel, Fettstoffwechselstörung, Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht, Herzkrankheiten in der Familie, Gerinnungsstörungen des Blutes, Rauchen und gleichzeitige Einnahme der Antibaby-Pille, zutreffen. Die Vorsorgeuntersuchung soll ermitteln, ob jemand durch Sport möglicherweise seine Gesundheit gefährdet. Für den genannten Personenkreis ist eine sportmedizinische Untersuchung sicher empfehlenswert. Wichtig ist aber zusätzlich und bei jeder sportlichen Betätigung vor allem, die eigene Fitness selbst realistisch einschätzen.

Die Kosten für einen Gesundheitscheck liegen je nach Umfang zwischen ca. 100-350 Euro, Einzeluntersuchungen sind teilweise günstiger. Zuvor sollte man sich bei der eigenen Krankenkasse erkundigen, ob diese einen Teil der Kosten übernimmt, was teilweise der Fall ist (z.B. Techniker Krankenkasse, BKK Mobil Oil, Barmer EK, Siemens BKK und andere). Die durchgeführten Untersuchungen überschneiden sich zum Teil mit weiteren Leistungen, die die Kasse zahlt, u.a. den Vorsorgeuntersuchungen, auf den Versicherte ab 35 Jahre alle zwei Jahre Anspruch haben. Auch ist die sportmedizinische Untersuchung für Jugendliche als Erweiterung der Jugendgesundheitsuntersuchung (J1 und J2) möglich.

 

Wie häufig ein sportmedizinischer Check durchgeführt werden sollte, hängt vom Ergebnis der Untersuchung ab. Gesunde sollten alle drei bis fünf Jahre zum Check-up; wer Beschwerden hat oder Medikamente einnimmt, sollte häufiger zur Untersuchung. Gleiches gilt, wenn sich etwas gravierend ändert, zum Beispiel bei deutlicher Gewichtszunahme, neu aufgetretenen Erkrankungen oder Medikamenteneinnahme.

 

Leistungsdiagnostik

Während der sportmedizinische Check die körperliche Leistungsfähigkeit generell im Fokus hat und untersucht, ob mögliche Risikofaktoren vorliegen, die gegen eine sportliche Betätigung sprechen, geht die individuelle sportliche Leistungsdiagnostik für ambitionierte Hobby- und Leistungssportler weiter. Diese kann entweder separat oder als Erweiterung zum sportmedizinischen Check durchgeführt werden, dient der gezielten Trainingssteuerung und bildet die Grundlage eines individuellen Trainingsplans. Denn egal auf welchem Niveau wir fahren, Tourenfahrer, RTF-Gewinner, ambitionierter Hobbyfahrer, Jedermann-Rennfahrer oder Leistungsfahrer: wer wenig Zeit hat, will effektiv trainieren. Eine Leistungsdiagnose hilft dabei, das Training individuell und gezielt zu planen und aus der vorhandenen Zeit, die wir zum Trainieren haben, den größtmöglichen Nutzen ziehen.

 

Die bekanntesten und am häufigsten angewandten Methoden zur Leistungsdiagnostik sind der Laktatstufentest und die Spiroergometrie. Isokinetischer Test und Rampentest sind zwei weitere Messmethoden, die vor allem für wettkampforientierte Sportler in Frage kommen.

 

Beim LAKTAT-STUFENTESTwerden im Rahmen einer stufenförmig ansteigenden Belastung auf einem Fahrrad-Ergometer (oder auf dem eigenen Rennrad) alle relevanten Leistungen von der Grundlagenausdauer bis zum Spitzenbereich gemessen. Wichtige Messparameter sind Herzfrequenz, Leistung (Watt) und die Laktatkonzentration (in Millimol pro Liter Blut), die am Ende jeder Belastungsstufe aus am Ohrläppchen entnommenem Blut bestimmt wird.

Die Einstiegsleistung wird je nach Trainingszustand gewählt, gut trainierte Radler steigen in der Regel bei 100 (Männer) beziehungsweise 80 Watt (Frauen) ein. Alle drei Minuten wird die Wattzahl gesteigert; hier gibt es je nach Institut unterschiedliche Methoden.  Wenn der Proband subjektiv ausbelastet hat, endet der Test. Während der Belastung wird die Herzfrequenz gemessen, ggf. mit zusätzlichem Belastungs-EKG. Für eine möglichst exakte Leistungskurve sollten fünf bis sechs Stufen absolviert werden. Aus den ermittelten Werten wird dann abgeleitet, welche Herzfrequenzen den verschiedenen Leistungsstufen entsprechen.

Wichtig ist die richtige Interpretation der Leistungskurven. Problematisch für die Auswertung des Tests sind u.a. verschiedene wissenschaftliche Theorien zur Bestimmung der aerob-anaeroben Schwellenwerte. Je nach Institut werden fixe Schwellen festgelegt (aerobe Schwelle bei 2 mmol/l, anaerobe Schwelle bei 4 mmol/l) oder die individuelle anaerobe Schwelle, die nach aktuellem sportmedizinischem Wissensstand sinnvoller ist, da jeder Sportler individuell reagiert. Um eine möglichst zuverlässige Auswertung zu gewährleisten, sollten die äußeren Bedingungen bei jedem Test zumindest annähernd gleich sein. Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin (DGSP) vergibt ein Qualitätssiegel für Anbieter, die sich durch geeichte Geräte und speziell geschultes Personal auszeichnen.

Eine weitere Testmöglichkeit ist die SPIRO-ERGOMETRIE. Dabei werden mit der zusätzlichen Messung der Atemgase über eine dicht abschließende Atemmaske zusätzliche und genauere Aussagen über den Energiestoffwechsel und die Leistungsfähigkeit gemacht. Eine wichtige Messgröße ist die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit (VO2max), die als wesentliches Kriterium für die aerobe Leistungsfähigkeit gilt.

Wie beim Laktat-Stufentest wird die Einstiegsleistung dem Trainingszustand angepasst. Die Belastung steigt je nach Testdesign stufenweise alle drei Minuten bis zur subjektiven Ausbelastung an. Über die Atemmaske wird das Verhältnis von eingeatmetem Sauerstoff zu ausgeatmetem Kohlendioxid gemessen; der ermittelte Wert ist der sogenannte respiratorische Quotient (RQ). Mit der Spiro-Ergometrie wird die maximale Ausdauerleistungsfähigkeit an der anaeroben Schwelle und in Watt gemessen.

Bei der Auswertung der Daten gibt es einen geringeren Interpretationsspielraum als beim Laktat-Stufentest, da die Atemgaswerte kontinuierlich gemessen werden. Anhand des RQ wird die anaerobe Schwelle bestimmt, der im Ruhezustand ca. 0,7 beträgt und sich bei steigender Belastung dem Wert 1 nähert. Liegt er über 1, ist der Sportler nicht mehr in der Lage, genauso viel Sauerstoff aufzunehmen wie CO2 abzugeben. Als Folge steigt der Laktatspiegel deutlich an. Auch die maximale Leistungsfähigkeit kann sehr gut bestimmt werden; so lässt sich auch eine Aussage über die Effektivität des vorangegangenen Trainings durch den Vergleich mit der letzten Messung machen. Des Weiteren wird die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit (VO2max) gemessen; dieser Wert zeigt, wie viel Sauerstoff die Muskulatur bei Auslastung pro Minute umsetzen kann.

Die Kosten für den Laktat-Stufentest liegen je nach durchführender Arztpraxis oder sportmedizinischem Institut bei ca. 80 Euro, die Spiro-Ergometrie schlägt mit ca. 120 Euro zu Buche.  Kombiniert werden können beide Tests mit einem allgemeinen sportmedizinischen Check (insbesondere sinnvoll, wenn mit neuen sportlichen Aktivitäten begonnen werden soll) und mit der Erstellung eines Trainingsplans, der sich an den individuellen Zielen jedes Sportlers orientieren sollte.

Letztendlich muss jeder Sportler selbst entscheiden, ob eine individuelle Leistungsdiagnostik für ihn Sinn macht oder nicht. Wer sich einen für ihn ideal passenden Trainingsplan stricken will und ambitionierte Ziele hat, der sollte die Kosten von ca. 100 Euro für die Leistungsdiagnostik nicht scheuen; ggf. kann eine Kombination mit einem allgemeinen Check-Up (sportmedizinischer Check-Up) sinnvoll sein. Teilweise übernehmen die Krankenkassen (gesetzlich als auch privat) dann ggf. einen Teil der Kosten. Diesbezüglich sollte man sich vorab bei der Versicherung erkundigen. Auch für Trainings-Neueinsteiger ist die Leistungsdiagnostik sicher zu empfehlen. Wer seit Jahren trainiert und ein gutes Gespür für seinen Körper und seine Leistungsfähigkeit hat, kommt dagegen auch ohne jährliche Diagnostik aus, insbesondere dann, wenn der Spaß am Radeln im Vordergrund steht. Dennoch: mehr Spaß macht es meist auch dann, wenn die Leistung stimmt. Generell macht dies Leistungsdiagnostik aber nur dann Sinn, wenn dann auch die entsprechenden Trainingskonsequenzen gezogen und umgesetzt werden bzw. wenn man die Effektivität des durchgeführten Trainings überprüfen möchte.

Training und Wettkampf sollte letztendlich auch Spaß machen – wie das individuell zu erreichen ist – ob mit oder ohne Diagnostik – muss jeder für sich selbst entscheiden.

 

In diesem Sinne – Kette rechts!

 

Eure Sabine